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Klauengesundheit im Fokus

Die Klauen tragen die Milch. Das haben wohl alle, die mit Milchviehbetrieben zu tun haben, schon mal gehört. Aber was bedeutet das? Wenn die Füße schmerzen, sitzt und liegt man lieber. Da geht es der Kuh ähnlich wie dem Menschen. Gesunde, schmerzfreie Klauen sind die Voraussetzung für Tierwohl und eine hohe Milchleistung. Sind Klauenprobleme wie zum Beispiel Dermatitis digitalis (Mortellaro) in der Herde erkennbar, kann die Futteraufnahme und Bewegungsfreudigkeit sinken, was zu massiven Verlusten in der Milchproduktion führen kann.

Was ist Mortellaro?

Mortellaro, wissenschaftlich als Dermatitis digitalis (DD) bezeichnet, ist die häufigste infektiöse Klauenerkrankung bei Rindern. Mortellaro wird in der Praxis aufgrund des leuchtend roten Aussehens der akuten Wunden auch Erdbeerkrankheit genannt.

Mortellaro ist eine schmerzhafte, eitrige Entzündung der Haut an der Klaue. Mortellaro tritt hauptsächlich an den hinteren Klauen auf. Charakteristisch sind die scharf abgegrenzten, geröteten Hautpartien, die oft an die Oberfläche einer Erdbeere erinnern und von Krusten oder schmierigen Belägen bedeckt sein können. Die Krankheit führt bei den betroffenen Kühen zu Lahmheit und erheblichen Schmerzen. Wegen der Schmerzen geht die Kuh in eine Schonhaltung, versucht die kranke Klaue zu entlasten, liegt mehr und geht seltener zum Fressen und zum Saufen. Die verminderte Wasser- und Futteraufnahme hat meist eine sinkende Milchleistung zur Folge. Bei einem hohen Keimdruck im Stall kann Mortellaro auch am Euter auftreten.

Wie entsteht die Krankheit?

Die Klauenkrankheit Mortellaro (Dermatitis digitalis) ist eine klassische Faktorenkrankheit. Mortellaro tritt auf, wenn die spezifischen Erreger auf für sie günstige Umweltbedingungen treffen. Um die Umweltbedingungen zu verstehen, muss man sich anschauen, wo das Rind herkommt.

An den betroffenen Klauen wird eine Vielzahl an Bakterien gefunden. Die Hauptverursacher sind Bakterien der Gattung Treponema. Diese Bakterienstämme können sich schnell über infizierte Tiere oder kontaminierten Mist in der Herde verbreiten. Das Infektionsrisiko steigt, sobald die natürliche Schutzbarriere der Klauenhaut durchbrochen ist. Das geschieht vor allem bei mangelhafter Klauenhygiene: Das dauerhafte Stehen in einem feuchten, warmen und schmutzigen Milieu weicht die Haut an der Klaue auf. Aggressive Substanzen wie Amoniak und Gülle führen zusätzlich zu Hautschädigungen. Die Klauenkrankheit kann durch zusätzlichen Stress verschlimmert werden. Zu den möglichen Stressfaktoren gehören: Überbelegung im Stall, feuchte Laufflächen, unzureichende Boxenhygiene und schlechte Luftqualität. Weitere Einflussfaktoren für einen verstärkten Ausbruch von Mortellaro können eine mindere Futterqualität, ein unausgewogenes Nährstoffverhältnis, stark keimbelastetes Wasser und die Klauenpflege an sich sein.

Wie lassen sich die verschiedenen Stadien von Mortellaro erkennen?

Die Klauenkrankheit Dermatitis digitalis wird in verschiedene Stadien eingeteilt. Die Skala reicht von M0 (gesunde Klaue) bis M5 (Chronisch mit aktivem Punkt). Die Klassifizierung hilft dabei, den Schweregrad der Infektion zu bestimmen und die richtige Behandlung der Klaue einzuleiten.

  • M0 (Gesund): Intakte Haut.
  • M1 (Frühstadium): Eine kleine, aktive Läsion. Die Läsion ist hochinfektiös und der beste Zeitpunkt, um mit der Behandlung zu starten und so die Ausbreitung zu begrenzen.
  • M2 (Akut): Die klassische Form der Erdbeerkrankheit. Eine offene, extrem schmerzhafte Läsion, die zur Lahmheit führt. Dieses Stadium erfordert eine sofortige, gezielte Behandlung der Kuh.
  • M3 (Heilend): Die behandelte Läsion ist mit einem dunklen Schorf bedeckt.
  • M4 (Chronisch): Warzenartige Wucherung. Die Läsion ist inaktiv.
  • M4.1 / M5 (Chronisch mit aktivem Punkt): Eine M4-Läsion, in der sich ein neuer, aktiver M1-Punkt bildet.

Zur frühzeitigen Erkennung von Lahmheit ist der Locomotion Score (Lahmheits-Score) ein aussagekräftiger Indikator. Das Laufverhalten wird darin klassifiziert, um bereits leichte Lahmheit erkennen zu können.

Klauenprobleme: Alles gleich Mortellaro?

Infektiöse Klauenprobleme

Ballenhornfäule: Weiches Horn zersetzt sich durch Feuchtigkeit und Bakterien, was zur Instabilität der Klauen führt.
Klauenhornfäule: Entzündung und Nekrose im Zwischenklauenspalt durch bakterielle Infektion.
Panaritium (Zwischenzehenphlegmone): Tiefe Gewebeentzündung im Zwischenzehenbereich.
Kronrandentzündung: Entzündung des Horns am Kronrand, oft durch Verletzungen oder Infektionen verursacht.
Limax: Chronisch-proliferative Erkrankung der Haut und der Unterhaut des Zwischenklauenspalts.

Andere Klauenprobleme

Sohlengeschwür (Rusterholz’sches): Druckbedingte Quetschung führt zu minderwertigem Horn und Geschwürbildung.
Zwischenklauenwulst (Limax): Bindegewebswucherung durch chronische Hautreizung.
Hornblutungen: Blutung im Horngewebe, die zu Hornschäden führt.
Hufrehe: Entzündung der Huflederhaut, die starke Schmerzen und Lahmheit verursacht.
Sohlennekrose: Absterben von Sohlengewebe, meist durch übermäßige Druckbelastung.

Bei infektiösen Klauenkrankheiten kann eine Reinigung und Desinfektion der Klaue zur Besserung beitragen. Nicht-infektiöse Klauenkrankheiten haben unterschiedliche Ursachen wie zum Beispiel Fehlstellungen, Verletzungen oder unpassende Bodenbeschaffenheit.

Prävention: Mortellaro bei Rindern vorbeugen

Eine erfolgreiche Mortellaro-Prävention ist nur mit einem ganzheitlichen Ansatz möglich, der auf wirksame Mittel und konsequentes Management setzt.

Eine vollständige Heilung ist oft schwierig und die Krankheiten können chronisch werden. Daher liegt der Fokus auf der Prävention. Ein ganzheitlicher Ansatz, der die Fütterung, Haltungsbedingungen und Hygiene berücksichtigt, ist der Schlüssel zur nachhaltigen Klauengesundheit.

1. Das klassische Klauenbad (Tauchbad)

Das traditionelle Klauenbad besteht aus einer oder zwei aneinandergereihten Wannen, die manuell mit einer Reinigungs- oder Desinfektionslösung befüllt werden. Das Bad kann flexibel an verschiedenen Laufwegen platziert werden. Die meisten Landwirte nutzen die Klauenwanne im Rücktrieb. Auf dem Markt sind auch automatische Klauenbäder erhältlich. Die automatischen Klauenbäder werden an einem festen Standort installiert. Dort befüllen und entleeren sie sich selbstständig.

Bei korrekter Durchführung und ausreichender Länge können die Klauen mehrmals vollständig in die Lösung eintauchen, was eine gründliche Benetzung sicherstellt. Eine Reinigung erfolgt vorab meistens nicht.

Das Klauenbad ist mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Ein Hauptproblem ist die Hygiene und Effizienz, da die Lösung durch Kot und Schmutz schnell verunreinigt wird und so zum sogenannten „Infektionsbad“ werden kann. Die erste Kuh hat die volle Wirkung, bei der letzten ist das nicht mehr sichergestellt. Hinzu kommt der hohe manuelle Arbeitsaufwand beim regelmäßigen Entleeren, Reinigen und Neubefüllen der großen Wannen. Diesen Job übernimmt das automatische Klauenbad schon mal.

Die Wirkung des Klauenbads steht und fällt mit dem eingesetzten Mittel. Besondere Vorsicht ist bei der rechtlichen Lage geboten: Der Einsatz von traditionellen Wirkstoffen wie Kupfersulfat und Zinksulfat oder Formaldehyd ist in Deutschland als Klauenbad nicht mehr zulässig (TAMG/Biozid-Verordnung). Es dürfen nur registrierte Biozide zur reinen Hygiene-Prophylaxe verwendet werden. Formalin als Rohstoff darf im Klauenbad nicht mehr eingesetzt werden. Als Wirkstoff in zugelassenen Bioziden hat Formalin weiterhin eine Ausnahmegenehmigung. Ob man eine Verätzung der Klaue anstatt einer Heilung jedoch als sinnvoll erachtet, bleibt dem jeweiligen Landwirt überlassen.

Aus der Wahl des eingesetzten Mittels resultiert auch die Tierakzeptanz. Insbesondere lahme Kühe oder Tiere, die schlechte Erfahrungen mit schmerzhaften Bädern gemacht haben, können das Tauchbad verweigern oder nur zögerlich durchlaufen.

Bei automatischen Melksystemen lässt sich eine verringerte Anzahl an Melkungen feststellen, wenn ein Klauenbad durchgeführt wird. Valide Erhebungen gibt es hierzu allerdings nicht. Bei automatischen Melksystemen mit dem Einsatz von Klauenbädern sollte man aber mit erhöhtem Arbeitsaufwand rechnen.

Einfache Klauenwannen sind schon ab 100 € erhältlich. Die Kosten für ein Klauenbad variieren je nach eingesetztem Mittel.

2. Die Klauenmatte

Als Alternative zum Tauchbad können Klauenmatten eingesetzt werden. Das sind flüssigkeitsspeichernde Matten, die auf dem Laufweg platziert und automatisch mit einer Desinfektionslösung getränkt werden. Der Vorteil der Klauenmatte liegt bei den Platzierungsmöglichkeiten und der einfachen Installation. Zudem benötigt die Klauenmatte im Vergleich zu einem Klauenbad eine deutlich geringere Menge an Desinfektionslösung. Ein weiterer Aspekt ist die geringere Verweigerung durch die Tiere, da die Matten den Kühen oft einen sichereren Tritt bieten als das Laufen durch eine rutschige Wanne.

Ähnlich wie Klauenbäder verschmutzen Klauenmatten sehr schnell mit Kot oder anderen Verunreinigungen. Dadurch kann die Desinfektionswirkung stark beeinträchtigt werden. Eine regelmäßige Reinigung durch Stallmitarbeitende ist hier erforderlich.

Die Klauenmatte ist zum täglichen Einsatz gedacht. Es wird teils empfohlen Schaumbildner in Abwechslung mit Desinfektionsmittel einzusetzen.

Über die Haltbarkeit der Matten, bzw. den Austausch jener, gibt es unterschiedliche Aussagen. Die Kosten für Klauenmatten pro Jahr bedingen sich durch den Verbrauch der Mittel und der Notwendigkeit des Austauschs der Matten.

3. Die Klauenwaschanlage

Klauenwaschanlagen sind fest installierte Systeme, die die Klauen der Kühe gezielt reinigen. Hier gibt es unterschiedliche Modelle. Einige wirken eher wie ein automatisches Klauenbad mit einer Desinfektion während des Waschens, andere haben Waschen und Desinfizieren in getrennten Kreisläufen.

Klauenwaschanlagen für Gruppenmelkstände werden in der Regel im Zutrieb zum Wartehof oder Rücktrieb bzw. im Eingang oder Ausgang zum Melkkarussell platziert.

Neben des deutlich geringeren Verbrauchs an Desinfektionsmittel und dem Übergang vom nicht alltäglichen Klauenbad zur absoluten Routine, hat eine Klauenwaschanlage den Vorteil, dass sie meist vollautomatisch während des ganzen Melkvorgangs läuft. Kleinere Arbeiten wie die Reinigung der Anlage, die Funktionskontrolle oder das Nachfüllen des Biozids werden vor oder nach dem Melken erledigt.

Klauenwaschanlagen für automatische Melksysteme werden in der Regel fest verbaut und während des Melkens angewendet. Meistens besteht eine solche Klauenwaschanlage aus einer Technikeinheit und Sprühsystemen die im Roboter an sich eingebaut werden. Hier gibt es diverse Unterschiede zwischen den Herstellern bezüglich Wasserdruck, Desinfektionsmöglichkeit und Einstellungen. Beim Melkroboter empfiehlt sich ebenfalls eine tägliche Kontrolle. Hier laufen die meisten Klauenwaschanlagen allerdings 24/7 vollautomatisch.

Klauenwaschanlagen haben meist einen ähnlichen Wasserverbrauch wie ein Klauenbad, allerdings einen stark reduzierten Einsatz von Desinfektionsmittel. Der Arbeitseinsatz ist hier entscheidend geringer. Dafür sind die Investitionskosten entsprechend höher. Eine Klauenwaschanlage kann sich in zwei Jahren amortisiert haben.

Für alle Melksysteme gibt es also eine Lösung in Form einer vollautomatischen Klauenwaschanlage. Die Freya Klauenwaschanlage von MK:N wird für Gruppenmelkstände eingesetzt, die Liesl Klauenwaschanlage für Melkroboter. Beide Anlagen folgen dem gleichen System. Erst wird mit niedrigem Druck gewaschen, dann desinfiziert. Jede Kuh erfährt die gleiche Anwendung. Weitere Informationen zu beiden Systemen finden Sie hier.

Keines der Systeme ist eine Wunderwaffe. Sie alle dienen der Prophylaxe und Hygiene, nicht der Therapie akuter Klauenerkrankungen (M2-Läsionen). Klauenbäder, Klauenmatten und Waschanlagen reduzieren den Keimdruck in der Herde, um die Übertragung des Erregers zu verringern.

Mortellaro-Bekämpfung ist nur erfolgreich, wenn eine konsequente Einzelbehandlung erkrankter Tiere (M2, M4) im Klauenpflegestand mit zugelassenen Arzneimitteln/Bioziden erfolgt. Die Routine sollte unbedingt beibehalten werden. In akuten Fällen wenden Sie sich unbedingt an Ihren Tierarzt.